Februar 2019
abhyãsavairãgya
Eigentlich will ich nur eine e-mail checken, schaue durch das Fenster in den grauen Morgen und es beginnt in mir zu „hirnen“…ich beobachte wie ich denke: „Und, wie gelange ich nun in diese, dem
Menschen zugrunde liegende dynamische und stille Qualität jenseits des Verstandes, die mich in meine Herzensqualitäten führt?“
Damit spinne ich, ohne besondere Absicht, den Faden Januar- Kolumne weiter.
Der Yoga tischt uns eine Menge Konzepte auf, und das eine oder andere werden wir nun „vernaschen“.
Hier gleich ein erster Hinweis. Glaube Nichts! Ich meine das wirklich so. Suche immer nach der eigenen individuellen Erfahrung. Auch wenn Dir Lehrer, Freundinnen, Bücher empfehlen, Du
müsstest diese oder jene Erfahrung machen – bewahre Dir die Freiheit Deines ganz persönlichen Erfahrungsweges.
Eigentlich müssten wir einen solchen Weg gar nicht gehen, denn, das was wir zu integrieren suchen ist schon in uns angelegt und was da ist, bräuchte keine Integration, sondern eher ein
„ent-decken“. Somit wird klar: Wir suchen Herzensqualitäten, die wir gar nicht suchen müssten!!! Sie sind in uns enthalten. Viele Yogatexte verweisen auf diese Wahrheit.
Nun gut. UND! Warum erkenne ICH sie nicht? Das ist doch mal eine gute Frage.
Antwort: Du musst dich nur entscheiden, den Inhalten Deines Verstandes die kalte Schulter zu zeigen.… SO, nu issses raus. SOOOO einfach ist das!... Ha,Ha,Ha…(denk Dir einen Smiley)
Und, weil unser Verstand jetzt mal gerade mit Unverständnis reagiert und eine Grätsche macht ob dieser „Einfachheit“, gibt es im Yoga viele, viele Ideen, wie wir irgendwann in diese Erkenntnis
finden können – nämlich die, dass das was wir suchen schon da ist. Wir müssen es nur ent-decken, „Gedanken-Müll“ entsorgen, der sich angesammelt hat…….
ent-sorgen… NEEEEEE… watt für ein interessantes Wort.
Eine Sorge entlassen. Welche? Dass es immer anders sein muss als es ist!? Die Sorge um mein Leben, mein ICH? Die Sorge, dass ich immer irgendwie besser sein muss, dass ich nicht genüge? … Wovon
will und muss ich mich entsorgen, damit ich gelassener leben kann????
Mit dieser Frage beginnt eine Reise – eine Yogareise, eine „Aufräumreise“ und die kann mächtig spannend werden!
Wie beginne ich nun diese Reise? Was packe ich in meinen Yoga-Koffer?
• eine Entscheidung: „Ich mache mich auf mit Offenheit, Unvoreingenommenheit und Vertrauen.“ ---- Das nennt
man Kriyã Yoga (1).
• Üben! Wirklich! Nicht nur über Yoga lesen. Tun – Machen.
Nicht nur über Yoga sinnieren oder schnacken. Das wäre ja so, als wenn du eine Italienreise gleichsetzt mit einer
Reise Deines Fingers über die Landkarte Italiens.
Erlebe deine Yoga-Reise! Bleib dran! ----- Das wird abhyãsa (2) genannt.
• Mach mal was NEUES – verlasse Gewohntes. (2) ---- Das nennt man im Yoga vairãgya (2)
• Kauf Dir schicke und bequeme Yogakleidung - Du darfst Dich wohl fühlen!
• Entzünde eine Kerze an Deinem Übungsort. Schaffe Dir eine heimelige Hygge- Atmosphäre, Deinen ganz
persönlichen Übungsplatz.
Auf diese Weise entsteht Dein ganz persönlicher „Auftankort“ und der Beginn zum Üben fällt Dir leichter, denn:
Dein Schweinehund ist leider auch im Yoga-Koffer… versuche nicht, ihn los zu werden. Lad ihn mit auf die Matte
ein!
• Mach Dich 5 -10 -15 Minuten zur wichtigsten Person Deines Tages. So bleibst Du ein wertvoll gefüllter Brunnen
für Dich, Dein Leben und Deine Lieben – Du kannst geben, weil Du Dich nicht erschöpfst.
Du wirst reich beschenkt werden auf dieser Reise. Manches wirst Du erwarten, manches nicht. Die Folgen Deiner Praxis werden Dir den Weg weisen.
In der Hauptsache geht es darum, dass Dich diese Reise lehrt, wie Du Herz, Kopf und Bauch vereinst. Kennzeichen ist Inner-Balance.
Diese Balance lässt Dich erkennen, was nur Glück-machend-scheint und was Glück-bringend-ist (6).
Deine Praxis sollte sich immer an Folgendem orientieren: Werde ich ruhiger bzw. friedlicher? Werde ich weiter? Bleibe ich präsent? Dehnt sich eine friedliche, fast heilige Qualität in mir aus?
Bleibe ich im Dialog mit meinem Körper? Bleibe ich offen für ein direktes Erleben? Fließt mein Atem störungsfrei?
Wie sollte praktiziert werden, sodass sich Herz und Kopf verbinden und in eine friedliche Einheit finden?
Lote in Deiner Praxis eine positive Körpererfahrung aus, die sich an Stabilität und Leichtigkeit in der Yogahaltung (asana) orientiert (4). Lass Dich von einem gleichmäßig fließenden Atem
unterstützen. Bleibe wach, aufmerksam und erlebend, sowohl für jede Deiner Handlungen, als auch für das, was als Folge verbleibt. Lerne Dich kennen, damit Du unterscheiden (6) lernst,
was Dir hilft und was nicht.
Im Hatha-Yoga regen wir unsere Energie (prana) an, bringen sie in uns zum Fließen. Gib Ihr Raum – lass sie fließen – schenke ihr Weite.
Durch abhyãsavairãgya (5) - also durch Beharrlichkeit und Gleichmut – wird eine Qualität von Wachheit und Tiefenentspannung möglich. Diese Balance wird als dynamische geistige Stille erlebt.
Diese geistige Qualität beschenkt mit Unterscheidungsvermögen (6) und Erkenntnis wird möglich für das, was ent-sorgt werden kann, damit das Wesentliche, unser Herz, aufleuchtet. Jede gelungene
Praxis gewichtet dies Wesentliche in uns!
Patanjali mit seinen 195 Erfahrungsideen ist und bleibt hier gelungene Inspirationsquelle.
Dieser 2000 Jahre alte Sutra-Text ist ein Faden, der inspirierende Praxisideen wie Perlen aufnimmt und aneinanderreiht.
Packe also diesen sehr wertvollen „Reiseführer“ des Yoga in Deinen Koffer. Lass Dich inspirieren und mitnehmen auf Deine Reise zu Dir Selbst.
(1) Sutra 2.1 tapas, svãdhyãya, isvara pranidhãna
(2) Sutra 1.13 -16 abhyãsavairãgya
(3) Sutra 2.27 ff.ashtanga
(4) Sutra 2.46 sthirasukha
(5) Sutra 1.12 abhyãsavairãgya
(6) Sutra 2.26, 2.28 viveka